Die tägliche Arbeit in einer Arztpraxis birgt Sicherheits- und Gesundheitsrisiken für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in einer Gefährdungsbeurteilung festgehalten werden sollten. Die gesetzliche Grundlage dazu ist im Arbeitsschutzgesetz festgehalten. Doch wie gelingt eigentlich die Gefährdungsbeurteilung für eine Arztpraxis?
Gefährdungsbeurteilung in der Arztpraxis
Die Sicherheit und das Wohlbefinden von Mitarbeitenden in einer Arztpraxis sind von zentraler Bedeutung. Eine effektive Methode zur Identifizierung und Minimierung von potenziellen Gefahren und Risiken ist die Gefährdungsbeurteilung (oder auch kürzer GBU). Die Gefährdungsbeurteilung ist dabei das Instrument zur Ermittlung möglicher Gefährdungen am Arbeitsplatz sowie die Festlegung von geeigneten Maßnahmen, um Risiken auf ein Minimum zu reduzieren und so arbeitsbedingte Unfälle oder Erkrakungen möglichst zu verhindern. In einer Arztpraxis unterscheiden sich drei verschiedene Vorgehensweisen zu Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung. Wir sprechen hier von einer arbeitsbereichsbezogenen, tätigkeitsbezogenen und der personenbezogenen Gefährdungsbeurteilung.
Arbeitsbereichsbezogene Gefährdungsbeurteilung in einer Arztpraxis
Die arbeitsbereichsbezogene Gefährdungsbeurteilung betrachtet die allgemeine Arbeitsumgebung und die damit verbundenen potenziellen Gefahren. Beispielsweise ist eine ausreichende Beleuchtung notwendig, um die Belastung für die Augen zu minimieren und Stolperfallen zu vermeiden. Ergonomische Einrichtungen können helfen, sich wiederholende Belastungen und daraus resultierende Verletzungen durch falsche Körperhaltung zu verhindern. Verkehrswege sollten eindeutig erkennbar und möglichst barrierefrei sein.
Die arbeitsbereichsbezogene Gefährdungsbeurteilung zielt darauf ab, grundlegende Rahmenbedingungen zu schaffen, um die Gesundheit und Sicherheit der Mitarbeitenden zu gewährleisten. Folgende Arbeitsbereiche können darüber hinaus – je nach Fachrichtung – in der Gefährdungsbeurteilung einer Arztpraxis dokumentiert sein:
Tätigkeitsbezogene Gefährdungsbeurteilung
Eine tätigkeitsbezogene Gefährdungsbeurteilung konzentriert sich auf die spezifischen Aufgaben, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in einer Arztpraxis ausführen. Dies umfasst den Umgang mit medizinischen Geräten, die Verwaltung von medizinischen Substanzen, die Kommunikation mit Patienten oder die Durchführung von diagnostischen Verfahren. Jede dieser Tätigkeiten birgt potenzielle Risiken.
Füpr den richtigen Umgang mit medizinischen Instrumenten wie Ultraschall-, EKG-, CTG- oder Röntgengeräten sind angemessene Schulungen erforderlich. Die Lagerung und Verwaltung von Bio- oder Gefahrstoffen erfordert die Einhaltung von Sicherheitsprotokollen, um möglicher Exposition oder Kontamination entgegenzuwirken.
Die tätigkeitsbezogene Gefährdungsbeurteilung dient dazu, die spezifischen Risiken im Zusammenhang mit den Arbeitsaufgaben zu identifizieren und Maßnahmen zu ergreifen, um diese Risiken zu minimieren. Typische Tätigkeiten in einer Arztpraxis, die in einer Gefährdungsbeurteilung aufgenommen werden sollten, können sein:
Unser Tipp
Fragen Sie Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter direkt nach möglichen Gefahrenquellen am Arbeitsplatz. Häufig ergeben sich dadurch weitere Punkte, die in eine Gefährdungsbeurteilung mit aufgenommen werden können. Denn oftmals denkt man bei der täglichen Routine nicht sofort an sämtliche Punkte, die für eine GBU von Relevanz sein können.
Personenbezogene GBU in einer Arztpraxis
Die personenbezogene Gefährdungsbeurteilung berücksichtigt individuelle Eigenschaften und Bedürfnisse der Beschäftigten in einer Arztpraxis. Dies kann physische Gesundheitszustände, psychische Belastungen, Schwangerschaften oder Vorerkrankungen umfassen.
In einer Arztpraxis ist es wichtig, die individuellen Fähigkeiten sowie mögliche Einschränkungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu berücksichtigen, um sicherzustellen, dass sie angemessen unterstützt werden. Zum Beispiel könnten Mitarbeitende mit Rückenproblemen spezielle ergonomische Anpassungen an ihren Arbeitsplatz benötigen, während Schwangere besondere Vorsichtsmaßnahmen bei der Handhabung von Chemikalien treffen müssen. Für einige spezielle Tätigkeiten greift hier auch das Beschäftigungsverbot.
In der personenbezogenen Gefährdungsbeurteilung einer Arztpraxis sollten vor allem die individuellen Unterschiede und hervorzuhebende Merkmale der Beschäftigten dokumentiert werden, für die spezielle Tätigkeiten besondere Gefährdungen darstellen können. Bestimmte Personen oder Personengruppen, die in Arztpraxen tätig sind und in der Gefährdungsbeurteilung besonders berücksichtigt werden sollten, können unter anderem folgende sein:
§ 5 Arbeitsschutzgesetz
Beurteilung der Arbeitsbedingungen
(1) Der Arbeitgeber hat durch eine Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind.
(2) Der Arbeitgeber hat die Beurteilung je nach Art der Tätigkeiten vorzunehmen. Bei gleichartigen Arbeitsbedingungen ist die Beurteilung eines Arbeitsplatzes oder einer Tätigkeit ausreichend.
(3) Eine Gefährdung kann sich insbesondere ergeben durch
- die Gestaltung und die Einrichtung der Arbeitsstätte und des Arbeitsplatzes,
- physikalische, chemische und biologische Einwirkungen,
- die Gestaltung, die Auswahl und den Einsatz von Arbeitsmitteln, insbesondere von Arbeitsstoffen, Maschinen, Geräten und Anlagen sowie den Umgang damit,
- die Gestaltung von Arbeits- und Fertigungsverfahren, Arbeitsabläufen und Arbeitszeit und deren Zusammenwirken,
- unzureichende Qualifikation und Unterweisung der Beschäftigten,
- psychische Belastungen bei der Arbeit.
Der Schlüssel zur langfristigen Minimierung von Gefährdungen
Die Arbeitsumgebung und die -abläufe ändern sich auch in Arztpraxen ständig. Daher ist es wichtig, die Gefährdungsbeurteilung als einen sich bewegenden Prozess zu betrachten. Erfahrungen, Feedback der Belegschaft und neue wissenschaftliche Erkenntnisse sollten genutzt werden, um die Sicherheitsmaßnahmen kontinuierlich zu verbessern.
Keine Gefährdungsbeurteilung in einer Arztpraxis gleicht dabei der anderen. Sie muss immer individuell erstellt werden. Abhängige Faktoren sind beispielsweise die Größe der Praxis, aber auch die Anzahl der Mitarbeitenden oder die Fachrichtung. In einer radiologischen Praxis ist die Strahlenbelastung ein Risiko. In einer HNO-Praxis, die auch ambulante Operationen durchführt, drohen möglicherweise Schnittverletzungen. Beim Legen von Infusionen oder Setzen von Spritzen besteht die Gefahr von Stichverletzungen. Einrichtungen mit praxiseigenen Laboren bergen die Gefahr der Kontamination.
Insgesamt ist die Gefährdungsbeurteilung in einer Arztpraxis ein multidimensionaler Ansatz, der darauf abzielt, sowohl die allgemeine Arbeitsumgebung als auch die spezifischen Aufgaben und individuellen Bedürfnisse von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu berücksichtigen. Die Kombination aus arbeitsbereichsbezogener, tätigkeitsbezogener und personenbezogener Analyse schafft eine ganzheitliche Sicht auf die Sicherheit am Arbeitsplatz. Die kontinuierliche Verbesserung dieser Maßnahmen gewährleistet, dass die Arztpraxis nicht nur den medizinischen, sondern auch den sicherheitstechnischen Standards gerecht wird.
Durch eine umfassende Bewertung dieser Aspekte können potenzielle Gefahren identifiziert und angemessene Maßnahmen ergriffen werden, um die Gesundheit, Sicherheit und das Wohlbefinden Ihrer Beschäftigten zu gewährleisten. Mit unserer langjährigen Erfahrung unterstützen wir und unsere Fachkräfte für Arbeitssicherheit Sie gerne dabei, eine angemessene und rechtskonforme Gefährdungsbeurteilung auch in Ihrer Arztpraxis zu erstellen.